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Übersehenes Deutschland: Profigrill in
Wattenscheid
29/30/31 Oktober 2004 Financial Times - Michaela
Vieser
Bochum-Wattenscheid - tiefster Ruhrpott:
Wer Hunger hat, geht zum ehemaligen Drei-Sterne-Koch Raimund
Ostendorp in den Profigrill. Nix mit Feinschmeckerkost: Hier gibt
es Schnitzel mit Kartoffelsalat, Schaschlik, Pommes mit
Jägersoße, Linseneintopf und die guten Frikadellen.
Ostendorp hat keine Lust mehr auf Haute-Cuisine: „Was hab ich
davon, wenn ein Yuppie gelangweilt die Rechnung bezahlt?" Er kocht
lieber „Hausmannskost" im Schnellimbiss und macht sein
Stammpublikum glücklich.
Die Bedienung der Fritteuse brachte ihm die Putzfrau bei, aber auch
die anderen Dinge mussten dazugelernt werden: Im Profigrill
schmecken die Gerichte so wie erwartet.
Das Schaschlik wird mit einem Fertigschaschlikgewürz
angerichtet, die Jägersoße muss schön dick sein,
Veggieburger will hier keiner essen. Die Gäste sind bunt
gemischt vom Krupp- Vorstandsmitglied zur zugereisten DJane aus
Leipzig. Ostendorp kommt mit allen ins Gespräch und weiß
mehr Tratsch als der örtliche Friseur. Und doch merkt der
Kunde, dass er in keiner gewöhnlichen Bruzelbude steht.
Es sind die kleinen Dinge, die das Besondere am
Profigrill ausmachen: statt Pappteller gibt es Porzellan, das Bier
ist hier etwas teurer als in der Kneipe nebenan. Das hält das
trinkende Publikum fern. Der perfekte deutsche Imbiss.
Michaela Vieser